Das war die fair & local cooking night 2016

„Wald, Wild und Unterholz. Eine Geschichte vom Sammeln und Jagen“

Großer Erfolg für die gerechte Sache: über 300 Gäste der Landesberufsschule E. Hellenstainer waren wieder begeistert vom fairen Gourmet-Abend der bekanntesten Südtiroler Hauben- und Sterne-Köche. Mit außergewöhnlichen Gerichten aus nah und fern, mit fernen Zutaten aus gerechtem Handel und mit unbekannten Delikatessen aus Südtirol.

Gemessen an der Fläche und Einwohnerzahl weist Südtirol sicherlich die höchste Dichte an Auszeichnungen für seine Köche auf. Der Maßstab jeder Gastronomiekritik und –bewertung bleibt nach wie vor der „Michelin“-Führer. In der Ausgabe für 2017, die gerade vor wenigen Tagen erschienen ist, punktet Südtirol erstmals mit 5 Feinschmecker-Restaurants, die 2 Sterne von „Michelin“ erhalten haben. Außerdem erhielten weitere 13 Spitzenlokale einen Stern – eine rasante Entwicklung in den letzten Jahrzehnten, wenn man bedenkt, dass der allererste Michelin-Stern in unserer Region erst im Jahre 1962 vergeben wurde! Die tragende Säule des neuen Südtiroler Koch-Wunders sind unsere international renommierten Ausbildungsstätten – allen voran die LandesBerufsSchule (LBS) Emma Hellenstainer in Brixen unter der Leitung der couragierten und sehr engagierten Direktorin Brigitte Gasser Da Rui.
“Wir schaffen ein offenes Forum für Erziehung zu Gesundheits-, Geschmacks- und Ernährungsbewusstsein am Schnittpunkt zweier Kulturen<, steht im Leitbild der Vorzeigeschule, wo es weiterhin heißt: >Bei unseren SchülerInnen fördern wir Neugierde, Selbständigkeit und Leistungsbereitschaft, erziehen sie zu Verantwortungs- und Regelbewusstsein, regen sie zu Selbstreflexion und zum respektvollen Umgang mit Menschen, Lebensmitteln, Rohstoffen und Materialien an.” Seit vielen Jahren gibt es zwischen der Hellenstainer-Schule und den Südtiroler Weltläden eine anregende, fruchtbare Zusammenarbeit – bei Vorträgen werden die Hellenstainer-SchülerInnen über den fairen und gerechten Handel informiert und bei der inzwischen schon traditionellen „Küchenparty“, der „fair & local cooking night“, die als absoluter Höhepunkt des Schuljahres gilt, können die jungen Köche und spezialisierten Servierkräfte mit den berühmtesten Köchen Südtirols zusammen arbeiten!
Für Rudi Dalvai, Präsident der Weltläden Südtirol und Initiator des Projektes stehen die Begriffe fair & local ganz nahe beieinander: „Ökologische, soziale und wirtschaftliche Nachhaltigkeit bedeutet für mich, saisonale Erzeugnisse der lokalen Landwirtschaft in Kombination mit Produkten aus dem fairen Handel zu verwenden. Zudem kann aufgezeigt werden, dass die Produkte aus dem Weltladen sich kulinarisch wunderbar mit traditionellen lokalen Produkten kombinieren lassen. Besonders freut es, dass wir die Zertifizierung Going Green Event erhalten haben. Somit ist fair & local cooking ein rundum stimmiges Projekt“.

„Wald, Wild und Unterholz. Eine Geschichte vom Sammeln und Jagen“

Bei der herbstlichen „fair & local cooking night“ war der Auftrag an die Sterneköche sozusagen „den Wald zu kochen“ – das Sammeln und Jagen hat ja in der traditionellen Tiroler Küche immer schon einen besonderen Stellenwert gehabt: vom Kastanienmehl, aus dem im Mittelalter das Brot der armen Leute gemacht wurde, über den reich gedeckten Tischen der Adeligen mit Wildbret, bis zu den kreativen Übertretungen der Geistlichkeit, das Fleischverbot in der Fastenzeit betreffend. Heute sind es vor allem experimentierfreudige Köche, die fermentierten Birkensaft servieren und junges Gemüse im Sud halbverrotteter Birkenblätter garen oder Essig in Baumstämmen reifen lassen, wie der schwedische Meisterkoch Magnus Nilsson.
Auch die Sterne- und Haubenköche als „fair & local cooking“-Partner haben sich in der Vergangenheit mit diesem spannenden Thema auseinandergesetzt – in gemeinsamer Erinnerung ist sicher Godios „Wilderer-Spieß“ geblieben, den Armin Mairhofer einmal mit kreativem Schwung neu interpretiert hat. Am 10. November in Brixen hat Mairhofer (Restaurant „Balance, Adler Resort, St. Ulrich) einen „Fair-Trade-Risotto mit „Libera Terra“-Olivenöl aus Sizilien und einem Hauch von Waldaromen“ gemeinsam mit den Hellenstainer-Schülern zubereitet – ein wagemutiges Unternehmen, denn einen Risotto für die eigene Familie kochen ist eine Sache …., jedoch: 350 Portionen zu kochen heißt, mehrere Stunden lang am Herd stehen und geduldig eine Großportion Risotto nach der anderen zu köcheln!
Dazu gab es feincremigen, sehr würzigen Kaffee von Schreyögg und Premium-Weine der Eisacktaler Kellerei, Kellerei Kaltern, Kellerei St. Pauls, Kellerei Bozen und Kettmeir-Sekt. Heuer neu mit dabei waren: Bozner Bier der Brauerei Batzen, Whisky der Destillerie PUNI und Käse der Hofkäserei Eggemoa und Mittermairhof.
Südtirol bietet ideale Voraussetzungen für die Produktion qualitativ hochwertiger Schaumweine und Kettmeir gehört zu den Pionieren der neuen Südtiroler Sekterzeuger. Die nach dem klassischen Verfahren in der Flasche vergorenen Kettmeir „Brut“ und „Brut Rosé“ haben internationales Format, sie begeistern mit quirliger Frische und alpiner Würze.
Seit 2005 ist der Möltner Wolfgang Tratter der Paulsner KM der Kellerei St. Pauls. Er verteidigt mit Geschick die Vorreiterrolle, die der Weißburgunder nun mal in St. Pauls einnimmt. Für den „Passion“ 2009 hat sogar der „Gambero Rosso“ seine „3-Gläser“ vergeben. Mittlerweile gehört Tratter zu den besten Kellermeistern Südtirols, gerade eben hat er mit seinem Blauburgunder Ris. „Passion“ 2013 den nationalen Blauburgunderwettbewerb in Montan-Neumarkt gewonnen.
Seit 1961 gibt es die Eisacktaler Kellerei – die feinfruchtigen Weine von Kellermeister Thomas Dorfmann sind in Bezug auf Preis und Leistung schon lange italienweit ein Geheimtipp. Seit dem Jahrgang 2008 wird der Sylvaner vom Säbener Klostergarten als Grand Cru „Sabiona“ eingekellert – er hat sogar „einen Gang mehr“ als der Edel-Sylvaner „Aristos“, der zu den besten Sylvanern Südtirols gehört und gerade eben vom „Gambero Rosso“ mit den „3 Gläsern“ ausgezeichnet wurde. Der Klosterwein „Sabiona“ hat einen wunderbar salzigen Zug durch den Gaumen, dabei wirkt er leicht wie eine Feder und ausgesprochen zitrusfruchtig-frisch.
Nach der Groß-Fusion zwischen der „fair cooking“-Partnerkellerei Erste + Neue Kaltern mit der Kellerei Kaltern zum Südtiroler Weinriesen Kellerei Kaltern werden beide Kellermeister weiterhin dem Betrieb erhalten bleiben. Mit Andrea Moser für das Einkellern und Gerhard Sanin für die Beratung im Weinbau haben die Kalterer Genossen zwei exzellente Fachleute für die Zukunft gewinnen können. Gerhard Sanin hat gerade mit dem Puntay Cabernet Sauvignon 2012 italienweit für Aufsehen gesorgt („3 Gläser“ vom Gambero Rosso) – bei der Brixner „fair cooking night“ begeisterte das Kalterer Wein-Duo Sanin & Moser mit einem extraordinären Kalterer See Pfarrhof und dem wohl berühmtesten süßen Goldmuskateller Serenade.
Die Kellerei Bozen, eine der überragenden Rotwein-Kellereien Südtirols und die absolute Kathedrale des autochthonen Lagrein, zog die drei Hundertschaften an „fair-cooking“-Gästen mit einem sehr würzigen Lagrein Riserva in den Bann – und der Weißburgunder „Delago“ aus hohen Eppaner Lagen war ein feuriger Beweis dafür, dass Kellermeister Stephan Filippi auch Erste Gewächse bei den wichtigsten Südtiroler Weißweinen keltern kann. Diese Weißburgunder-Premium-Linie verkörpert das bestmögliche Zusammenspiel zwischen Rebsorte, Bodenbeschaffenheit und Mikroklima.
Fair & local cooking fördert traditionelle landwirtschaftliche Produkte und Lebensmittel unserer Berggebiete und unterstützt den fairen Handel mit fernen Ländern.
Der faire Handel ist eine Wirtschaftsform, die gerechtere Handelsbeziehungen zwischen dem Norden und dem Süden der Welt anpeilt und nach strengen Kriterien des Umweltschutzes und ethischer Arbeit (Nein zu Kinderarbeit, Ja zur Chancengleichheit) ausgerichtet ist. Bildung, würdige Arbeitsbedingungen und faire Preise sind für uns ebenso selbstverständlich wie Transparenz, Dialog und gegenseitiger Respekt. Für Rudi Dalvai, Initiator des Projektes und Präsident des globalen Dachverbandes für Fairen Handel „World Fair Trade Organisation“ (WFTO), stehen die Begriffe fair & local ganz nahe beieinander: “Ökologische, soziale und wirtschaftliche Nachhaltigkeit bedeutet für mich, saisonale Erzeugnisse der lokalen Landwirtschaft in Kombination mit Produkten aus dem fairen Handel zu verwenden. Zudem kann aufgezeigt werden, dass die Produkte aus dem Weltladen sich kulinarisch wunderbar mit traditionellen lokalen Produkten kombinieren lassen.“
Heute sind es vor allem experimentierfreudige Köche, die – wie der Sarner Sternekoch Egon Heiss (Gourmetstube „Alpes“ im Hotel Bad Schörgau, Sarnthein) – mit Gerste aus Equador, Latschennadeln und aromatischen Hölzern experimentieren. In Brixen begeisterte Heiss das staunende Fair-Küchen-Party-Publikum mit einer „Interpretation von Sarner Latsche & „fair trade“-Gerste aus Equador: Saibling in Latschensalz, Wurzeln an Gersten-Latschenmarinade, Latschenpopcorn, knuspriges Bierbrot“, wobei das Latschenpopcorn spektakulär vor aller Augen in flüssigem Stickstoff sozusagen „eiskalt frittiert“ wurde. Neu in die „fair-cooking-comunity“ aufgenommen wurde der junge Chefkoch vom Brixner „Elephant“, Mathias Bachmann, der mit einem würzigen Aromenspiel von Zander, Röstzwiebelfond, fermentierten Pfifferlingen und Amaranth überraschte. Ein gelungener Einstand in den erlauchten Kreis der Hauben- uns Sterneköche!
Die Kreativität der teilnehmenden Köche kannte keine Grenzen und so sind wunderbare Gerichte aufgetischt worden wie die „Kleine Kosterlen“ von Hellenstainer-Fachlehrer Villscheider Josef, der mit einer Liaison aus Tiroler Gaumenhäppchen mit Ingredienzien aus dem fairen Welthandel überraschte.
Die beste Köchin des Landes, Anna Matscher (Restaurant „Zum Löwen“, Tisens), ließ sich vom kulinarischem Leitthema „Wald, Wild, Unterholz“ zu einem famosen Wildsüppchen inspirieren, welches sie mit Würfeln von „fair trade“- Kichererbsen und Steinpilzcreme kongenial zu einem feinen „Gaumen-Gúzzler“ ergänzte.
LBS-Hellenstainer Fachlehrer Helmut Bachmann konnte sich in seinem Hause auf eine vielköpfige, äußerst motivierte Jungköche-Brigade verlassen, die souverän den Hauptgang meisterte: Hirschkalbsrücken mit karamellisiertem wilden Fenchel, getrocknete Preiselbeeren auf Süßkartoffel-Apfelcreme, Broccoli mit Senfsamenbutter, eine sehr stimmige Komposition, von der allerseits die konsistente Sauce gelobt wurde.
Die Sterne- und Haubenköche Karl Baumgartner (Restaurant „Schöneck“, Pfalzen) und Burkhard Bacher (Restaurant „Kleine Flamme“, Sterzing), zwei Ur-Gesteine der Südtiroler „fair & local cooking“-Initiative, sorgten – wie immer bei ihren Auftritten! – für neugieriges Gedränge in den Schauküchen: Hanfmehlravioli gefüllt mit „fair trade“-Kurkuma & Ingwer, geschmortem Milchferkelkopf und -Nacken in der eigenen Consommé mit Waldpilzaromen – ein typisch global und dennoch genauso heimisch inspiriertes Karl-Baumgartner-Gericht, ein Meisterkoch, der gerne kulinarische Anregungen aus „Fern“ und „Sehr Fern“ mit traditonellen Elementen verbinden kann. Und mit dem exotischen Zwischengericht Perlhuhn im Sterzinger Moos: Gefüllte Perlhuhnkeule mit Alpencurry , geräucherter Ricotta, Medjoul-Dattel-Räucheressiglack, Bouillon-Nest aus Thai-Reismehl, Kakao, Quinoa zog Burkhard Bacher, der erfahrenste Gewürze-Experte unter den Südtiroler Meisterköchen, wieder einmal alle Register seines umfassenden Könnens.
Die süßen Zauberer aus der Hellenstainer Patisserie, Artur Widmann und Hubert Oberhollenzer, präsentierten zwei viel beachtete Kreationen: Bitter-Schokolade, Erdnusseis, Maracuja, Zitronenthymian- Baiser, sowie einen Baumkuchen mit Ananas und Rumcreme auf Orangenmeringue. Begleitet wurde diese süße kulinarische Weltreise von Edel-Dessertweinen der Kellereien St. Pauls, Bozen, Kaltern und Eisacktaler, die zu jedem Gericht den passenden Meditations-Wein servieren.
In lockerer Atmosphäre, von Küche zu Küche spazierend, konnten die Gäste den Köchen über die Schulter schauen und alle Gerichte verkosten. Die Gruppe U Giaven spielte Weltmusik in Hommage an Django Reinhardt und Gipsy Jazz. Rudi Dalvai und alle von den Südtiroler Weltläden und den ausdauernden, immer gut gelaunten Mädels, Frauen und Damen vom Organisationsteam Meta/Event Bruneck freuen sich gemeinsam mit den fleißigen SchülerInnen der LBS Hellenstainer und ihren geduldigen Fachlehrern mit Direktorin Brigitte Gasser Da Rui an der Spitze schon jetzt auf die nächste Ausgabe der „fair & local cooking night“ in Brixen!

Das war die fair & local cooking night 2016

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert